Gemeinsame Pressemitteilung am 5.1.2023
Klimabündnis organisiert Augsburg-Demo zum Erhalt Lützeraths und ruft zu Sachspenden auf
Am morgigen Freitag (6.1.) organisiert ein breites Bündnis aus Augsburger Klimagerechtigkeitsinitiativen eine Solidaritätsdemo zum Erhalt Lützeraths. Das Thema ist Augsburger Klimaaktivist*innen so wichtig, dass sie dafür nach 2½ Jahren Dauerprotest beinahe das Klimacamp abgebaut hätten. Die Demonstration beginnt um 15:00 Uhr beim Rathausplatz und umfasst eine ausführliche Zwischenkundgebung vor den Augsburger Stadtwerken.
„Vor Lützerath verläuft die 1,5-Grad-Grenze“, erklärt Julius Natrup (35) die Motivation für die Demonstration. Lützerath ist ein Dorf in NRW, das für die Ausweitung eines Braunkohletagebaus abgebaggert werden soll. Unter Lützerath liegt so viel Kohle vergraben, erklärt Natrup unter Berufung auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung [1], dass deren Verbrennung das vom Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung angegebene Rest-CO₂-Budgets Deutschlands zur Kohleverbrennung deutlich übersteigen würde [2].
Bevor sie enteignet und ihre Häuser in RWE-Eigentum überführt wurden, lebten Familien in Lützerath. Aktuell ist das Dorf von Klimaaktivist*innen besetzt. Die polizeiliche Räumung kann sich über Wochen und Monate hinziehen, „Vom „Wallfahrtsort“ zum Einsatzort“ titelte die Tagesschau [3]. Ob die von Expert*innen diskutierten offenen Verfassungsfragen [4] rechtzeitig bis zum vermuteten Räumungsbeginn am 10. Januar ausgeräumt werden können, ist derzeit nicht absehbar.
AUGSBURGER AKTIVIST*INNEN
Augsburgs Klimaaktivist*innen engagieren sich sowohl direkt vor Ort in Lützerath als auch in Augsburg für den Erhalt Lützeraths. In Augsburg werden Sachspenden für die Besetzung Lützeraths gesammelt und von Augsburger Aktivist*innen dorthin gebracht. Spenden können täglich im Klimacamp abgegeben werden, besonders dringend gebraucht werden (große) geladene Powerbanks, kleine Töpfe, Eddings sowie Nüsse/Riegel/Schokolade.
Wer sich dem Protest in Lützerath anschließen möchte, hat nach der Demonstration im Klimacamp die Gelegenheit, an einem offenen Aktionstraining zur Vorbereitung teilzunehmen.
AUGSBURG MITVERANTWORTLICH AN ENTEIGNUNG VON FAMILIEN IN LÜTZERATH
Die Augsburger Stadtwerke sind aus Sicht der Klimaaktivist*innen mitverantwortlich für die zuvorgegangene Enteignung von Familien und die nun folgende Zerstörungs Lützeraths, da die Stadtwerke auf der Strombörse kontinuierlich und auch seit dem Rest-CO₂-Budget-Beschluss des Augsburger Stadtrats im Januar 2021 Kohlestrom beziehen. Über Jahre schnitten die Augsburger Stadtwerke dabei im bundesweiten Vergleich sogar besonders schlecht ab [5].
Zudem habe die Augsburger Stadtregierung die Möglichkeit, Augsburg auf einen klimaneutralen Pfad zu bringen. Doch davon mache sie bislang keinen Gebrauch, so Ingo Blechschmidt (34) vom Klimacamp, trotz der bekannten Vorschläge der von der Stadt in Auftrag gegebenen KlimaKom-Studie. Selbst allgemein nachvollziehbare und von der Bevölkerung überwiegend akzeptierte Maßnahmen werden nicht umgesetzt, etwa Preisreduzierungen beim ÖPNV, um den Nahverkehr sozial gerechter und interessanter zu machen als Alternative zum motorisierten Individualverkehr. Stattdessen wurde die Preise im Nahverkehr sogar um 9,9 % erhöht zum Jahreswechsel. Auch ein Rückbau der Karlstraße auf zwei Spuren zählt dazu. „Augsburgs Stadtrat ist mit der Klimakrise überfordert“, resümiert Blechschmidt.
[1] https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.819609.de/diwkompakt_2021-169.pdf
[2] https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2020_2024/2022_06_fragen_und_antworten_zum_co2_budget.pdf?__blob=publicationFile&v=30, Tabelle 1 auf Seite 8, Zeile „Maximale CO₂-Budgets ab 2022 in Gt“, Spalte „1,5 67%“. Das sind 2 Gt CO₂, also 2.000 Mt CO₂. Davon stehen 20% für die Kohleverstromung zur Verfügung (SRU 2017), macht 400 Mt CO₂. Unter Lützerath liegen 280 Mt Braunkohle. Pro verbrannter Tonne Braunkohle entstehen 3,25 Tonnen CO₂. Macht 910 Mt CO₂ insgesamt, mehr als das Doppelte der 400 Mt CO₂.
[3] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/luetzerath-111.html
[4] https://heinsberg-magazin.de/2022/12/29/raeumung-von-luetzerath-stuetzt-sich-auf-verfassungswidrigen-paragraphen-nrw-umweltminister-krischer-da-wurde-eine-unwahrheit-in-ein-gesetz-geschrieben/
[5] Informationen der Stadtwerke, nicht mehr online verfügbar, nur noch archiviert unter https://www.klimacamp-augsburg.de/pages/material/Fragenkatalog-Stadtwerke/fragen_swa_2021_antworten_kommentare_updates.pdf.
Zur Demonstration rufen auf: End Fossil, Fridays for Future, Greenpeace, Klimacamp und Students for Future.