Pressemitteilung vom Augsburger Klimacamp am 31.10.2022

Klimacamp beginnt professionelle Umgestaltungswoche für mehr Klimaaktivismus

  • einwöchiges professionelles Gemeinschaftsprojekt aus der Alten Schmiede Augsburg, dem Architekten Jan Glasmeier und Studierenden der Hochschule Augsburg
  • Camp soll für den Winter funktional gemacht und strukturiert werden
  • Klimacamper bauen eigene öffentliche Fahrradständer nachdem die Stadt ihre entfernte
  • Beliebte Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt, über die sich CSU-Baureferent Gerd Merkle echauffierte, kann leider nicht erhalten werden

Am heutigen Montag (31.10.2022) begann das einwöchige Gemeinschaftsprojekt aus der Alten Schmiede Augsburg, dem Architekten Jan Glasmeier und Studierenden des Studiengangs Energieeffizientes Bauen und Planen (E2D) der Hochschule Augsburg zur Umgestaltung des Augsburger Klimacamps. Das Klimacamp, das in den letzten Wochen durch den Protest gegen die im Geheimen erteilte Sondergenehmigung der Regierung von Schwaben zur Teilrodung des Meitinger Lohwaldes [1] und das Engagement gegen die Baumfällungen der WBG auf dem Reese-Areal im öffentlichen Fokus stand [2], soll in Zukunft noch bessere Bedingungen bieten für effektives Engagement für eine klimagerechte Politik in Augsburg und darüber hinaus.

KLIMACAMP INSTALLIERT EIGENE ÖFFENTLICHE FAHRRADABSTELLBÜGEL

Die Aktivist*innen des Klimacamps möchten dabei auch eigene öffentliche Fahrradabstellbügel installieren, und zwar direkt im vorderen Bereich, der vom Versammlungsrecht geschützt ist. Der hintere Bereich mit den städtischen Fahrradabstellbügeln und Parkplätzen zur Anlieferung und für Behinderte seien oft durch Handwerker fürs Rathaus und andere Fahrzeuge im städtischen Auftrag zugeparkt, so die Klimacamper*innen. Bei Veranstaltungen im Rathaus stehen oft mehr als zwei Fahrzeuge für Stunden auf dem Fischmarkt und behindern Fußgänger*innen den Zugang zu Gebäuden und Fahrradabstellbügeln; die Verantwortlichen der Stadt unterbinden das nicht. Vivian Führer (18) vom Klimacamp freut sich über das Timing des Gemeinschaftsprojekts, denn genau am heutigen Montagmorgen wurden in Vorbereitung des Toilettenhäuschens für den Weihnachtsmarkt die städtischen Fahrradabstellbügel entfernt.

Die beliebte Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt des Klimacamps, über die sich CSU-Baureferent Gerd Merkle kürzlich echauffierte [3] kann bei der Umgestaltung leider nicht erhalten werden. Es gab sie seit mehr als 1½ Jahren. In vielen anderen Städten gibt es öffentliche Fahrradreparaturstationen, die speziell für den Außeneinsatz konzipiert sind, robust und funktionell. Dort ist es möglich, sein Fahrrad aufzuhängen und mit dem Werkzeug, das vor Ort vorhanden ist, zu reparieren. Aktuell bietet die Hochschule Augsburg zwei Stationen dieser Art an [4]. Weitere, von der Stadt aufgestellte Stationen, könnten folgen, etwa neben der öffentlichen Fahrradluftpumpe am Königsplatz.

AUGSBURG ALS STADT DES WANDELS POSITIONIEREN

Dem Vorwurf, das Klimacamp sehe wie eine Müllhalde aus, entgegneten die Klimacamper*innen bisher die Aussage „warum sollte etwas schön sein, wenn man gegen etwas demonstriert das nicht schön ist, nämlich die Klimapolitik“ [5]. Und auch jetzt wollen sich die Aktivist*innen nicht einfach an das Stadtbild anpassen, sondern umgekehrt im Klimacamp ihre Visionen für eine schönere und bessere Stadt verwirklichen. „Augsburg kann durch das Klimacamp zu einem neuen Ort gestaltet werden, das haben wir in der Vergangenheit gesehen. Wir möchten keine Stadt, in der die Lebensqualität wegen zunehmender Hitze und zu wenig Wasser- und Grünflächen sinkt, sondern wir möchten einen schönen Ort mit nachhaltiger Infrastruktur, Stadtbegrünung und Platz für alle Menschen. Uns ist es wichtig, dass Menschen sich in Augsburg wohlfühlen und Augsburg als Stadt des Wandels gesehen wird. Es wird Zeit, das Augsburg sich anpasst und sich eine nachhaltige Stadtkultur entwickelt“, so Vivian Führer (18) vom Klimacamp.

Nach wie vor erschwert die im Vergleich mit anderen Städten versammlungsfeindliche Auslegung des Versammlungsrechts durch die Ordnungsbehörde in Augsburg ansprechende Bauten auf dem Fischmarkt. Viele Gestaltungsmöglichkeiten werden behördlich untersagt. So könne nur mit leichten Materalien gebaut werden. Die von der Stadt ins Spiel gebrachte Idee eines „Raum für Klimaaktivismus“ [6] scheint indes in der Versenkung verschwunden zu sein. Nach Auskunft von Führer wurden weder das Klimacamp noch andere Augsburger Initiativen für Klimagerechtigkeit diesbezüglich kontaktiert.

Darüber hinaus sorgen Starkwetterereignisse mit Sturm und Starkregen regelmäßig für Schäden. Bereits vor einiger Zeit ersetzte das Klimacamp daher Planendächer, die von Passant*innen als störend genannt wurden, durch Metalldächer. Diese Starkwetterereignisse treten bedingt durch die Klimakatastrophe immer häufiger auf und werden auch bei vielen Augsburger*innen zum Beispiel in Kleingärten zunehmend für Schäden sorgen.

PRIVATMEINUNG VON CSU-BAUREFERENT GERD MERKLE

Den Toilettencontainer, der für den Weihnachtsmarkt auf dem Fischmarkt aufgestellt werden wird, stufen die Klimacamper*innen für das Stadtbild als weniger ansprechend ein als das Klimacamp in seiner neuen Gestaltung. „Ein nüchterner Container trägt nicht zum dringend notwendigen öffentlichen Diskurs über den Umgang der Stadt Augsburg mit der Klimakatastrophe und ihren Anteil daran bei“, so Führers Mitstreiterin Charlotte Lauter (20). „Dass Herr Merkle sich privat zu seinen Ansichten über das Klimacamp äußert, freut uns sehr. Dass er in seiner Funktion als noch amtierender Baureferent die städtischen Verantwortlichen in ihren Überlegungen beeinflussen möchte, halten wir dagegen für einen nicht akzeptablen Interessenkonflikt.“ Merkle war durch seine Forderung nach Überstundenauszahlung in sechsstelliger Höhe in die Kritik geraten.

[1] https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/augsburg-meitingen-klima-aktivisten-nehmen-regierung-von-schwaben-aufs-korn-id64382891.html
[2] https://www.br.de/nachrichten/bayern/klimacamp-aktivisten-besetzen-baeume-in-augsburg,TJprUnj
[3] https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/augsburg-christkindlesmarkt-klimacamp-soll-fuer-toiletten-platz-machen-id64397656.html
[4] https://www.hs-augsburg.de/Fahrradfreundliche-Hochschule.html
[5] https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/augsburger-klimacamp-zwei-jahre-augsburger-klimacamp-aber-wo-sind-die-anderen-aktivisten-id63129941.html
[6] https://ratsinfo.augsburg.de/bi/to020.asp?TOLFDNR=34341