Pressemitteilung vom Augsburger Klimacamp am 22.4.2022

Augsburger Klimacamp zu Webers Niederlagenstellungnahme

Oberbürgermeisterin Weber offenbart in ihrer Niederlagenstellungnahme schlechtes Verständnis für die Strukturen des Augsburger Klimacamps

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof legt nun die ausführliche Begründung für sein Urteil vor: Das Augsburger Klimacamp war (zum Zeitpunkt des städtischen Räumungsbescheids) eine vom Grundgesetz geschützte Versammlung. Oberbürgermeisterin Eva Weber fordert daraufhin in einer vierseitigen persönlichen Stellungnahme das Klimacamp als ihre Opposition auf, sich entweder vollends in bestehende Verwaltungsstrukturen einzufinden oder die Zelte abzubrechen. Das offenbart Weber als schlechte Verliererin. Sind es doch die Menschen im Klimacamp, welche Brücken schlagen und für Maßnahmen werben, um Augsburg auf einen klimagerechten Pfad zu bringen. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht Passant*innen im Campgespräch Aha-Moment erleben, klimapolitische Zusammenhänge erkennen und neue Handlungsoptionen wahrnehmen. Klimagerechtigkeit ist Querschnittsthema – und damit per definitionem multithematisch.

Wie UN-Generalsekretär Antonio Guterres erst Anfang diesen Monats feststellte, ist es nicht radikal, günstigere Busse und Trams sowie eine Abkehr von fossilen Brennstoffen zu fordern. Aber es ist radikal, die fossile Infrastruktur weiter auszubauen – so wie es die Stadt Augsburg und die Stadtwerke tun, wenn sie das Fernwärmenetz weiter mit Erdgas betreiben [1] oder lieber 6,2 Millionen Euro in ein unzeitgemäßes Parkleitsystem investieren statt in gut ausgebauten, attraktiven und bezahlbaren ÖPNV.

Machen ist wie reden, nur krasser.

[1] https://www.sw-augsburg.de/magazin/detail/das-heizkraftwerk-herz-der-fernwaerme/

KONTAKT Ingo Blechschmidt (+49 176 95110311)

NACHRICHTLICHE ANMERKUNGEN ZU EINZELNEN ÄUSSERUNGEN

Klimacamper*innen klären Missverständnisse zum Thema Klimagerechtigkeit auf

Für diese Menschen stehen wir seit nun fast zwei Jahren rund um die Uhr für Gespräche zur Verfügung. Dabei stellt sich heraus: Fast alle finden es gut, wenn …

  • … Busse und Trams günstiger und ausgebaut werden. So können Privatpersonen öfter ihr Auto stehen lassen oder müssen sich gar nicht erst ein teures Auto zulegen.

  • … es ein gut ausgebautes Radwegenetz gibt, auf dem sich auch Kinder und ältere Radler*innen sicher fühlen. Kopenhagen wurde so umgebaut, dass dort nun zwei Drittel aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Die wenigen verbleibenden Autofahrten (Lieferverkehr, Arztbesuche, …) sind dann bequemer und flüssiger.

  • … die Stadtwerke nicht mehr Kohle- und Gasstrom beziehen. Wir subventionieren damit Putins Rüstungsindustrie oder andere Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Privatkunden sind eh schon umgestellt, Unternehmen können statt 30 ct/kWh für Graustrom auch 31 ct/kWh für Ökostrom zahlen.

Das Klimacamp sieht sich als Brückenbauer. Es trägt den wissenschaftlichen Kenntnisstand unter die breite Bevölkerung und arbeitet auf eine Verkleinerung der Diskrepanz zwischen dem, was möglich und existenziell notwendig wäre, und dem, was die Stadt tut, hin. Das Klimacamp formuliert wissenschaftliche Erkenntnisse und Empfehlungen von Bürger*innenräten als politischen Forderungen.

Klimacamper*innen stellen sich zu Wahlen auf

  • Diejenigen, die besonders von der Klimakrise betroffen sind, sind unter 18 und können daher weder wählen noch gewählt werden.

  • Die damals wie jetzt noch minderjährige Schülerin Janika Pondorf versuchte es zur Kommunalwahl 2020 dennoch und sammelte innerhalb von nur zwei Tagen die benötigten 470 Stützunterschriften. Sie wurde vom Wahlamt abgewiesen.

  • Der Augsburger Klimaaktivist Alexander Mai (25, Mathe-Student und IT-Entwickler) stellte sich 2022 als von der ÖDP unterstützter parteiloser Kandidat für die Bundestagswahl auf.

  • Die Sachverhalte sind klar, alle Studien kommen zum selben Schluss, alle aus Bevölkerungsquerschnitten zusammengesetzten Bürger*innenräten empfehlen dasselbe: Stadt, Land und Bund müssen dringend Klimagerechtigkeitsmaßnahmen beschließen. Damit können wir eine unkontrollierte Erdaufheizung vermeiden und nebenbei die Lebensqualität durch größere Freiheit in der Wahl des Verkehrsmittels, durch neue gemütliche Fußgänger*innenzonen und geringere Lärmbelastung steigern. Es braucht nicht noch eine weitere Partei. Der neue IPCC-Bericht hat deutlich gemacht, dass dafür auch gar keine Zeit ist. Die bereits amtierenden Politiker*innen müssen jetzt handeln!

Klimacamper*innen arbeiten in städtischen Gremien mit

  • Wir engagieren uns im städtischen Klimabeirat.

  • Wir engagieren uns im städtischen Nachhaltigkeitsbeirat.

  • Wir engagieren uns bei der Bürger*innenversammlung. Das brachte aber nichts und wird auch in Zukunft nichts bringen: Nahezu alle Empfehlungen, sowohl die von uns als auch die von anderen Bürger*innen eingebrachten, wurden im Stadtrat mit vorgeschobenen formaljuristischen Gründen abgelehnt. Eine echte inhaltliche Diskussion fand nie statt.

  • Wir engagieren uns im städtischen Umweltausschuss – bei allen vier Malen seit Gründung von Fridays for Future, in denen uns Rederecht zugesprochen wurde.

  • Wir organisierten zusammen mit FAL und ADFC das erfolgreiche Bürger*innenbegehren „Fahrradstadt JETZT“.

Das Klimacamp unterbreitet konkrete an die Stadt Augsburg angepasste Maßnahmenvorschläge

  • Etwa im Klimabeirat, im Nachhaltigkeitsbeirat und in der Bürger*innenversammlung.

  • Wir sind natürlich keine Expert*innen für alles. Die Stadt gab aber bei Expert*innen eine Studie für konkrete Klimaschutzmaßnahmen in Augsburg in Auftrag, die sog. KlimaKom-Studie „Klimaschutz 2030: Studie für ein Augsburger Klimaschutzprogramm“. Diese Studie rügt, wie viel Zeit die Stadt bereits ungenutzt verstreichen ließ, und gibt kluge Ziele, wie eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs bis 2030 2040 um 50% vor. Diese Studie lässt die Stadt leider enttäuschend weit links liegen.
    In der ursprünglichen Version der Pressemitteilung hieß es, dass die Studie eine Halbierung des motorisierten Individualverkehrs bis 2030 empfiehlt. Tatsächlich empfiehlt die Studie die Halbierung bis 2040. Die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs sollte lediglich bereits vor 2030 Wirkung zeigen. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

  • Wir organisieren kontinuierlich Workshops, Vorträge und Diskussionsrunde mit Expert*innen. Dazu waren auch schon immer Lokalpolitiker*innen eingeladen. Politiker*innen der CSU lassen sich dabei in den seltensten Fällen blicken.

Klimacamper*innen verlassen ihre Komfortzone

Wir übernachten bei –20 °C im Camp, investieren Stunden in die aktivistische Arbeit, werden von Behörden systematisch schikaniert (die unverhältnismäßigen Hausdurchsuchungen sind große Belastungen) und halten queerfeindlichen Brandanschlägen stand. Nicht alle Passant*innen sind an konstruktivem Dialog mit uns interessiert und wollen oft nur Dampf ablassen – auch in diesen Fällen versuchen wir, in einem inhaltlichen Gespräch den Leuten noch etwas mitzugeben.

Das Klimacamp erkennt städtische Klimaschutz-Erfolge an

Wir erkennen an, dass die Stadt das Thema Klimaschutz als Schlüsselthema identifiziert hat und an verschiedenen Punkten an Klimaschutzmaßnahmen arbeitet. Wir müssen trotzdem auf die physikalischen Gegebenheiten hinweisen, die erheblichen Zeitdruck herstellen und zeitnahes Handeln erfordern.

Das Klimacamp arbeitet inhaltlich

Neben direkten Aktionen und politischen Stellungnahmen organisieren wir kontinuierlich Vorträge, Workshops und Podiumsdiskussionen rund um Klimagerechtigkeit, verfassen Informationsmaterialien, betätigen uns in und tauschen uns mit anderen Umweltverbänden aus – oder sind auch in ihnen oder Parteien aktiv. Wir stehen im Dialog mit Parteien und Fraktionen auf Kommunal- und Landesebene, Stadtwerken und Stadtverwaltung.